Versuch einer Landesbildung?

Die Güssinger als frühe "Burgenländer"?

Die heutige Forschung sieht alle derartigen Vermutungen zwar als überzogen an und sieht im Wirken der Güssinger ein mehr oder weniger geschicktes Lavieren zwischen Österreich und Ungarn. Tatsache aber bleibt, dass im Güssinger Territorium erstmals ein "politisches" Gebilde auf heute überwiegend burgenländischem Gebiet entsteht. Und es tut dem burgenländischen Selbstbewusstsein gut, in den mächtigen Güssingern Herren zu sehen, die den westlichen wie den östlichen Nachbarn eine Zeitlang recht erfolgreich trotzten. Sie sind allein aus diesem Grund ein wesentlicher Bestandteil der "burgenländischen" Geschichte.

Machtkonzentration im Grenzraum?

"Es ist plausibel, dass - wenn überhaupt - eine solche neue Machtkonzentration, Herrschaftsbildung, im Grenzraum zwischen bereits bestehenden politischen Einheiten, Territorien, von statten geht - entweder als Neubildung in einem machtmäßig wenig strukturierten Grenzraum oder als Ausbau einer zunächst von der Zentralgewalt geförderten Position an einer bereits bestehenden, strategisch und wirtschaftlich wichtigen Grenze eines bestehenden, territorial fest umrissenen Herrschaftsgefüges, einer Position also mit Verselbständigungstendenzen."

So der ungarische Historiker Pal Engel, der die Meinung vertritt, dass sich die Güssinger so wie die anderen Territorialfürsten auf dem Weg waren, aus ihren Territorien "Länder" mit eigener Verfassung zu machen. Zwar waren sie immer nur mit vom König verliehenen Amtstiteln ausgestattet (Gespan, Paladin, Wojwode etc.), aber sie hatten bedeutende Hoheitsrechte wie etwa die hohe Gerichtsbarkeit inne, sie hatten eine eigene Hofhaltung mit einer eigenen Kanzlei. Unter Karl von Anjou wurde dieser Prozess dann allerdings gestoppt, die Macht der Fürsten gebrochen.

Als 1301 König Andreas III. als letzter männlicher Arpade starb, zerfiel Ungarn in sieben "Kleinkönigreiche", denen es in den ersten Jahrzehnten des 14.Jahrhunderts gelang, eine Territorialherrschaft aufzubauen. Dazu gehörten im Westen des Reiches zwei Territorien: Im Nordwesten das der Csak und im Südwesten das der "Güssinger".

Dieser Prozess der Territorienbildung geht (nach Fügedi, Die Herrschaft der Güssinger) weit zurück, bis in die Zeit der frühen Einwanderung, Kolonisation und Dorfbildung nach deutschem Recht. Die neuen Grundherren steigerten ihre Einnahmen, besaßen aber noch keine Burgen. In dieser frühen Zeit waren alle Burgen (mit ganz wenigen Ausnahmen) Königsburgen und wurden von Gespanen des Königs verwaltet. Erst nach dem Mongoleneinfall wurde der Burgenbau auch den Grundherrn erlaubt, ja sogar besonders gefördert. So wurden im 13.Jahrhundert zahlreiche neue Burgen gebaut.

Verwandte Beiträge

 

 

 


Verwendete Literatur

  • Die Güssinger. Beiträge zur Geschichte der Herren von Güns/Güssing und ihrer Zeit (13./14. Jahrhundert). Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 79. Eisenstadt 1989